Berichte von 02/2021

Winterkinder

06Feb2021

Hey ihrs :)

 

Es ist Winter. Also ich meine, es ist schon seit einer Weile hier Winter und wir haben seit November immer mal wieder Schnee, aber jetzt ist wirklich richtig Winter in Lettland. Mit eisigen Temperaturen, Schnee und Rutschgefahr. Mit zugefrorenen Flüssen, kalten Händen und rote Wangen, wenn man von draußen rein kommt. Es ist einfach herrlich. So könnte wirklich jeder Winter sein. Natürlich ist es auch nicht nur schön. Die meiste Zeit ist es grau und wenn man morgens das Haus für die Arbeit verlässt, einem kalter Wind Schnee in die Augen pustet, sodass man kaum etwas sehen kann und dann noch fast ausrutscht, dann genießt man den Winter nicht unbedingt. Dennoch liebe ich den Winter.

MorgensonneSchneeengel im Park

Seit dem 03.01. sind alle Mitbewohner wieder da und unsere WG ist wieder vollständig. Während ich am 05.01. wieder mit der Arbeit begonnen habe, waren die anderen noch in Selbstisolation und mussten einen Coronatest machen. Bevor sie wieder arbeiten gehen durften (alle Test waren negativ). Da wir die ganze Weihnachtsdeko uns vom Kindergarten ausgeliehen hatten, mussten wir leider ziemlich früh den Tannenbaum schon rausschmeißen. Und das haben wir im wahrsten Sinne des Wortes gemacht. Wir wohnen im 4. Stock (bzw. nach lettischer Zählweise im 5. Stock. Hier entspricht das Erdgeschoss dem 1. Stock) und haben den Tannenbaum kurzer Hand aus dem Fenster geschmissen. Das wollten wir alle schon immer einmal machen und wenn nicht jetzt, wann dann?

Auf Arbeit gibt es inzwischen wieder viel zu tun. Am Anfang des Jahres haben noch viele Kinder gefehlt und wir es war meist sehr entspannt, aber inzwischen sind alle Kinder wieder da und es ist etwas stressiger. Auch coronatechnisch hat sich etwas im Umgang mit den Kindern geändert. Wir sind dazu verpflichtet, jeden Morgen den Kindern die Temperatur zu messen. Wenn diese 37,5°C überschreitet, dürfen die Kinder nicht aufgenommen werden. Es gab inzwischen auch einen Coronafall bei den Mitarbeitern und eine Krippe musste geschlossen werden und die Mitarbeiter sowie die Kinder mussten in Selbstisolation. Der Vorfall war zum Glück nicht in meinem Flügel, aber ich habe mich trotzdem so wie die meisten anderen Mitarbeiter auch testen lassen. Alle Test fielen negativ aus. Seitdem ist aber wieder alles ruhig und unser Kindergarten und die Schule bleiben weiterhin offen und coronafrei.

 

Den Winter genießen wir trotz vielen Einschränkungen und wesentlich weniger Möglichkeiten als normal in vollen Zügen. Auf einem kleinen Hügel in unserem Park, wo wir auch immer mal wieder mit den Kindern hingehen, waren wir jetzt schon öfters ''rodeln''. Unser Schlitten begrenzt sich dabei zwar auf 2 Plastiktüten für 6 Personen, aber wir haben trotzdem viel Spaß und sind dort die größten Kinder. Meine Mitbewohner lieben den Winter alle genauso wie ich, was bei den meisten von uns auch ein wichtiger Grund war, warum wir überhaupt nach Lettland gegangen sind. Und es ist einfach so toll, diese Freude am Schnee und am Winter mit den Menschen zu teilen. Wir werden alle zu richtigen Winterkindern, wenn wir aus dem Fenster schauen und gefühlt zum 100. Mal sehen, dass es dicke fette Flocken schneit, wenn der Schnee in der Sonne oder den Straßenlaternen weiß vor uns liegt und glitzert, wenn wir eine Schneeballschlacht machen oder rodeln gehen, einfach wenn Winter ist.

An einem Samstag im Januar, es war schon die letzten Tage richtig kalt, haben wir uns entschieden, einen Ausflug zum Meza Parks zu machen. Dieser Park ist einfach wunderschön und bisher war ich noch nicht mit meiner WG da. Wir haben uns alle ganz dick und viele Schichten angezogen (wir hatten draußen am Tag bis zu -18°C) und haben uns auf den Weg gemacht. Es war einfach traumhaft schön und als wir am Ufer vom See angekommen sind, haben wir festgestellt, dass der See zugefroren ist und das man in Ufernähe auch schon aufs Eis gehen kann, ohne einzubrechen. Dort konnten wir auch den Sonnenuntergang uns zumindest halb angucken, da die Sonne leider in den Wolken und Bäumen verschwunden ist. Als wir dann alle komplett durchgefroren waren, haben wir uns wieder auf den Heimweg gemacht. Es hat auch gereicht, denn uns war wirklich kalt und wir haben uns nur noch auf einen heißen Kakao/Tee und eine heiße Dusche gefreut, aber wir waren glücklich.

Meza Parksder See am Meza ParkSchattenbild auf dem See

Auch der kleine Hafen bei uns in der Nähe ist etwas zugefroren. Von dort aus konnte man einen schönen Sonnenuntergang mit der Skyline von Riga beobachten.

Sonnenuntergang in der StadtSonnenuntergang mit der Skyline von Riga

Viele Wochenenden verbringen wir aber auch einfach in der Wohnung und gehen nur für kurze Spaziergänge raus. Trotzdem wird es in einer 6er WG nie langweilig. Lange graue Abende werden mit Musik und Gemeinschaftsspielen verbraucht oder wir schauen uns zusammen einen Film an. Mit den richtigen Menschen ist hier immer was los.

Das erinnert mich an das Bild und die Predigt, die mir unsere Pfarrerin Beate Eisert geschickt hat. Dort fragt der große Panda ,,Was ist wichtiger? Der Weg oder das Ziel?''und der kleine Drache auf dem Rücken des Pandas antwortet ,,Die Weggefährten''.

Weggefährten

Und mit den Worten bzw. Gedanken beende ich heute meinen Eintrag. Mich hat das sehr berührt und ich fand den Gedanken viel schöner, vor allem weil man sonst auch immer sagt ,,der Weg ist das Ziel''. In dem Sprichwort wird sicher auch seine Wahrheit zu finden sein, aber die Weggefährten sind trotzdem entscheidend, ob es einen Leidensweg oder ein Freudenweg wird. Und hier habe ich gute Weggefährten gefunden.

 

Bye bye weißer Hai :)